Aus dem Programmheft der ersten Flugrallye Rund um Berlin 1912

 

 

 

Der Flugwettbewerb 1912
beschrieben von Bernd Stasche

 

Zur Beachtung!

An allen Wettbewerben können gemäß den Bestimmungen der F. A. I. nur diejenigen Flugzeugführer teilnehmen, die im Besitze eines vom Verbande ausgestellten Zeugnisses sind. Wenn auch durch die Bestimmungen einige Gewähr gegeben ist, daß Flieger mit ungenügender Geschicklichkeit und Erfahrung von der Teilnahme an Wettbewerben ausgeschlossen sind, so muß doch erfahrungsgemäß damit gerechnet werden, daß auch geübte Flieger durch die Einflüsse des Wetters oder Schaden des Flugzeuges gezwungen werden können, an Stellen zu landen, wo sie dies nicht beabsichtigen und wo es nicht ohne Gefahr für den Flieger und Zuschauer ausführbar ist.

Um diese Gefahr möglichst zu verringern, ist es daher durchaus erforderlich, dass alle Zuschauer sich befleißigen, den Vorschriften der Absperrung auf das Genaueste nachzukommen. Sowohl für die Landung wie für den Aufstieg müssen große Plätze von Menschen vollkommen frei gehalten werden, wenn schwere Unfälle vermieden werden sollen. Erfahrungsgemäß neigt das Publikum dazu, besonders im Falle der Landung von Flugzeugen, an diese heranzulaufen. Dadurch werden nachfolgende Flugzeuge unter Umständen am Landen auf geeigneter Stelle gehindert und zu Landungen gezwungen, die verhängnisvoll werden können. Vielfach sind auf diese Weise schwere Unfälle vorgekommen. Man unterlasse es daher unter allen Umständen, beim Abstürzen eines Flugzeuges oder bei irgendeinem Unfall an dieses heranzulaufen, sondern überlasse die Hilfeleistungen den dazu bestimmten Personen.

Es ist nicht nur Pflicht jedes Zuschauers, die Absperrungen zu respektieren, sondern auch mit allen Mitteln dahin zu wirken, dass dies von allen anderen Personen geschieht. Zum Betreten der abgesperrten Flugplätze sind nur diejenigen berechtigt, die dort amtlich beschäftigt und zu diesem Zweck durch eine Armbinde gekennzeichnet sind. Ihren Anordnungen ist ebenso Folge zu leisten wie denen der Polizei oder sonstigen Absperrungs-Personals.

Das Flugwesen ist heute noch nicht soweit entwickelt, dass die Flüge mit der Regelmäßigkeit anderer Verkehrsmittel vor sich gehen können. Im besonderen können die Einflüsse der Witterung die Flüge gänzlich verhindern oder zeitlich beeinflussen, so dass an die

 

Geduld des Publikums

unter Umständen große Anforderungen gestellt werden müssen. Für die Wahl der Flugzeiten durch die sportlichen Leiter können nur die Rücksichten auf die Flieger, niemals die Rücksichten auf das Publikum maßgebend sein. Es würde Frevelhaft sein, die Flieger zu Tageszeiten zu Flügen zu veranlassen, von denen man weiß, daß sie die Ausübung des Fluges verhindern oder in hohem Maße gefährden. Erfahrungsgemäß ist letzteres während der Mittagsstunden in der warmen Jahreszeit fast stets der Fall. Daher gehen die Flüge, mit seltenen Ausnahmen, früh morgens oder in den späten Nachmittagsstunden vor sich.

Es ist bedauerlich, daß bei Veranstaltungen vielfach sich das durch langes Warten gereizte Publikum zu Ausschreitungen gegen die Flieger und die Veranstalter von Flügen hat hinreißen lassen. Eine Reihe von Fliegern hat sich durch die drohende Haltung der Zuschauer veranlaßt gesehen, Flüge auszuführen, die zu tödlichen Unfällen (sei es der Flieger, sei es der Zuschauer) geführt haben.
Es muß daher an alle Zuschauer die Bitte gerichtet werden, unter allen Umständen zu bedenken, dass die Flieger schon aus ihren eigenen Interessen alles in ihren Kräften Liegende tun, und daß die Veranstalter nicht in der Lage sind, einen Zwang auf die Flieger auszuüben.

Nachrichten-Dienst

Um den Besuchern des Flugplatzes den Verlauf des Wettfluges vor Augen zu führen, sind an den Toren der Ballonhallen senkrecht römische Zahlen angebracht (vergleiche untenstehende Skizze), welche die einzelnen Streckenorte darstellen.  

Es bedeutet:

I Johannisthal             

II Lindenberg

III Schulzendorf

IV    Spandau

V    Potsdam

VI     Teltow

VII Johannisthal  

 

 

-->Die Flieger werden durch weiße Tafeln mit arabischen Zahlen dargestellt (den Programmnummern entsprechend).

--> Sollte ein Flieger bei der Landung sein Flugzeug beschädigen, so daß ein Weiterfliegen nicht stattfinden kann, so wird die Nummer des betr. Fliegers bis auf den Erd
boden heruntergelassen, mit einem gelben Querstreifen versehen und so heraufgezogen, daß die Nummertafel
entsprechend der Unfallstelle in Stellung gebracht wird.

--> Ist der Flieger oder dessen Fluggast bei dem Unfall verletzt, so tritt an Stelle des gelben ein roter Streifen.

--> In untenstehender Skizze ist das Gelb des Streifens durch senkrechte, das Rot des Streifens durch wagerechte Schraffierung dargestellt.

 

Beispiel:
Flieger Nr. 2 und 14 stehen noch zum Start in Johannisthal bereit.
Flieger Nr. 9 hat die Wendemarke Lindenberg umflogen.
Flieger Nr. 1 hat bei einer Landung in der Nähe von Schulzendorf seinen Apparat beschädigt. Flieger oder Fluggast verletzt.

Flieger Nr. 8 hat bei einer Landung zwischen Spandau und Potsdam seinen Apparat beschädigt. Flieger und Fluggast haben keine Verletzungen davongetragen.

Flieger Nr. 3 hat die Wendemarke auf dem Luftschiffhafen Potsdam umflogen.
Flieger Nr. 7 hat die Wendemarke auf dem Flugfeld Teltow umflogen.
Flieger Nr. 4 und 13 sind wieder in Johannisthal gelandet